1910 – Die Klosterstraße in Blickrichtung Hauptplatz, rechts das Minoritenkloster und links das berüchtigte Gasthaus „Zur goldenen Sense“. Dieses Lokal war einst bekannt für die „käufliche Liebe“.
1937 – Die Badgasse führte vom Hofberg zum Hauptplatz, links teilte sich die Gasse und man konnte durch ein Haus direkt zur Donaulände gelangen. Die zahlreichen Damen, die einst dort ihre Liebesdienste anboten, waren vor allem bei den Matrosen, die am nahe gelegenen Umschlagplatz an der Donau an Land gingen, sehr beliebt.
Eine Damen des Bordells „Flügelhof“ (Flügelhofgasse 8), um 1929. 1913 wurde das Gasthaus „Zum Flügelhof“ zwangsversteigert, nachdem der Besitzer wegen des Verbrechens der Diebstahlsteilnahme verurteilt worden war.
Das Gasthauses „Zum Ackermann“ (Flügelhofgasse 12) auch dort war einst die „Käufliche Liebe“ zu Hause.
Anfang der 1920er-Jahre eröffneten die „Orient Bar“ (vormals „Café National“) in der Schillerstraße 49 sowie das Freudenhaus „Villa Ostende“ in der Eisenbahngasse 14, dieses existiert heute noch.

Zwischen Zensur und Duldung

Die verstecken, verruchten Gassen der „Käufliche Liebe“

 

 

So alt wie die Menschheit, so alt ist auch die käufliche Liebe. Und wie alles, was im Laufe von Jahrhunderten ewigem Wechsel unterworfen ist, so hat auch diese „Institution“ ihr Antlitz mannigfach verändert und auch in der Stadt Linz ihre Geschichte geschrieben.

 

Nächtliche Spektakel

Ein Leserbrief der Bewohner der Klosterstraße, abgedruckt 1876 in der Tages-Post, beschreibt uns ein wenig die Situation von damals: „In der Mitte der Stadt, in der Klosterstraße, besteht zum Skandale der ganzen Stadt schon seit Langem ein öffentliches Bordell im Gasthause ‚Zur Sense‘ und es geht daselbst in einer Weise zu, wie solches in Linz wohl noch nie dagewesen. Frauen und Mädchen können, besonders Abends, auf dieser Seite der Straße gar nicht passieren, weil sie stets der Gefahr ausgesetzt sind, zudem sind die Bewohner der Nachbarhäuser durch das oft die ganze Nacht dauernde Spektakel und Lärmen in dieser Lasterhöhle in ihrer nächtlichen Ruhe gestört.“

 

Hinter den roten Vorhängen

Bereits 1895 verordnete der Linzer Gemeinderat Pflichten für Prostituierten. Dazu zählte, dass sie ein Gesundheitsbuch führen und zweimal in der Woche zur Untersuchung mussten. Einige Jahre später etablierte sich der Schullerberg zum Zentrum der Linzer Rotlichtszene. Es war dort, wo die Straßenzüge „Tiefer Graben“ und Flügelhofgasse die Römerbergstraße mit der Lessingstraße verbinden. In diesen Häusern wohnten die „Madln“. So wurden von den Bewohnern der Umgebung die Freudenmädchen genannt.

 

Tagsüber lehnten sie zumeist schön herausgeputzt an den Fenstern: Wie träge Katzen in der Sonne, heißt es in zeitgenössischen Berichten, lagen sie mit vorgebeugtem Oberleib auf den weichen Fensterpolstern und lockten mit heißem Blick und leisem Zuruf die vorübergehenden Männer an. Am Abend gingen sie auf die Gasse, um Männer direkt anzusprechen.

 

Man war ihnen in der nächsten Nachbarschaft nicht böse und auch die verheirateten Frauen waren ihnen nicht feindlich gesinnt, da sie ja wussten, dass ihre Männer zu arm und auch abends zu abgerackert waren, um die Frauen hinter den roten Vorhängen aufzusuchen. Zumeist waren es Soldaten der Linzer Kasernen und Matrosen vom nahe gelegenen Umschlagplatz an der Donau, sowie fremde Spaziergänger aus entfernten Stadtteilen, die dann im dunklen Hauseingang verschwanden. Oftmals spielten sich dort die wüstesten Raufszenen ab, die ein Einschreiten der Polizei gleichzeitig in mehreren Gebäuden nötig machten.

 

Geheime Prostitution

Nach dem Ersten Weltkrieg erreichte die Käufliche Liebe auch in Linz einen Höhepunkt. Durch die enorm herrschende Arbeitslosigkeit sahen sich viele Frauen oft gezwungen, als letzte Möglichkeit ihren Körper zum Verkauf anzubieten. Auch die geheime Prostitution stieg enorm, laut Polizeibericht wurden im Jahr 1930, 114 illegale Prostituierte verhaftet, 1931 waren es bereits 202.

 

Zutritt verboten

Mit dem Austrofaschismus und den christlichsozialen Werten wurde auch das Sittengesetz neu überarbeitet und im Zuge dessen wurde auch das „Hurenviertel“ beim Schullerberg abgeschafft. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Polizeibeamten der Zutritt zu „zwielichtigen Lokalen“ verboten. Um ihr Ansehen in der Öffentlichkeit nicht zu gefährden, durften sie diese Lokale weder in Zivil noch in Uniform betreten. Ausschließlich zu Amtshandlungen durften sie hineingehen. Auf dieser Liste waren ganze 21 Lokale angeführt.

 

Zur Vermeidung des „verbotenen Umgangs“ wurden Bordelle für fremdvölkische Arbeitskräfte errichtet. In Linz existierte ein solches für die tschechischen Arbeiter der Hermann-Göring-Werke in der Wankmüllerhofstraße. Dafür wurden in der Region Budweis Prostituierte zwangsrekrutiert und nach Linz verschleppt.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte die „käufliche Liebe“ wieder einen Höhepunkt, am Umschlagplatz in Linz ankerte sogar ein Schiff, das als Bordell betrieben wurde. Um finanziell überleben zu können, suchte so manche Frau die Nähe der amerikanischen Besatzer. Einige Linzer Lokale waren ausschließlich den Amerikanern vorbehalten und nur österreichische Frauen durften diese betreten. Der Begriff „Amihure“ wurde zu einem der meistgehörten Schimpfwörter dieser Zeit.