Oben: Ein Knecht vom Zeilmayrgut am Rübenhackgerät, um 1930.
Unten: Familie Lughammer vom Kirchwegergut (Wagram 9) posiert gemeinsam mit dem Gesinde vor dem neuen eisenbereiften Traktor.
Links: Maria und Jakob Rinder vom Hanglgut (Pasching 4), 1935.
Am 9. Juni 1927 besuchte ein Vertreter der Zuckerfabrik Dürnkrut die Paschinger Rübenproduzenten (Liste rechts) im Gasthaus Emhofer, um die Besichtigung und die Bezahlung der Ernte vorzunehmen. Die Zuckerrüben wurden vom Bahnhof Hörsching abtransportiert (Bild unten, rechts der Platzwart Josef Mair).
Zuckerrübenernte in Pasching (Reiserbauer), 1966

Geschichte der Zuckerrüben in OÖ

Geschichte der Zuckerrüben

 

 

Planung der Zuckerrübenfabrik
Bereits 1870 war in Hörsching eine Zuckerfabrik geplant, 1913 tauchten erneut ähnliche Pläne auf. Einer der treibendenden Kräfte für den Zuckerrübenanbau in der Region war der Gutsbesitzer Rudolf Feitzlmayr vom Zeilmayrgut in Aistenthal. Im Februar 1914 lud er zu einer Versammlung im Gasthaus Emhofer ein, um den Zuckerrübenanbau in der Region zu forcieren. Es konnten verschiedene Bauern zum Anbau mit einer gesamten Fläche von 120 Joch gewonnen werden, allein in Aistenthal waren es 45 Joch. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnten weitere Pläne nicht verwirklicht werden, andere Getreidesorten wurden zum Anbau bevorzugt, weiters fehlten für den Anbau und die Ernte der Rüben die Arbeitskräfte, ebenso konnten in den Fabriken die Zuckerrüben nicht verarbeitet werden, da es an Kohle fehlte.

 

Erste oberösterreichische Bauern-Zuckerfabrik
Mit Ende des Ersten Weltkriegs gab der enorme Zuckermangel und der Wegfall der großen Anbaugebiete in den ehemaligen Kronländern erneut den Anstoß, in Oberösterreich Zuckerrüben anzubauen. Anfang der 1920er-Jahre mussten zum Beispiel für die Zuckergewinnung über 80 % der Rüben importiert werden (ca. 10.000 Waggonladungen). Im März 1920 wurde der Oberösterreichische Rübenbauverband gegründet, zu dem 9 Rübenbaugenossenschaften gehörten. Der Obmann der Genossenschaft Hörsching/Pasching war Rudolf Feitzlmayr. Um unabhängiger zu sein, hatte sich die Genossenschaft zum Bau einer Zuckerfabrik entschlossen, eine alte Brauerei wurde in Suben am Inn erworben und mit neuester Technologie umgebaut, sie ging unter dem Namen „Erste oberösterreichische Bauern-Zuckerfabrik“ in Betrieb. Auch in Pasching wurde der Anbau der Rüben immer beliebter, sogar auf den Notgeldscheinen, die die Gemeinde im Juli 1920 herausgab, war ein Zuckerrübenfeld mit dem Spruch „In der Not strebt man nach Zucker und Brot“ abgebildet. 1924 waren es in Oberösterreich bereits rund 7500 Bauern, die Zuckerrüben anbauten. 1925 geriet die Bauern-Zuckerfabrik jedoch in Konkurs, die Genossenschaftsmitglieder und auch viele Kleinaktionäre verloren ihre Investition und der Zuckerrübenanbau kam erneut zum Erliegen.

 

Förderung für Zuckerrübenanbau
Ende Dezember 1927 lud der Landwirt Jakob Rinder vom Hanglgut interessierte Bauern von Pasching und Umgebung zu einer Zuckerrübenbau-Interessentenversammlung auf seinen Hof ein. Rinder hatte 1926 das Hanglgut erworben, er stammte aus Südmähren (Muschau). Rinder hatte für diese Versammlung den aus seiner früheren Gegend sehr bekannten Zuckerrübenbauer, den ehemaligen Reichsratsabgeordneten Georg Hanreich, Guts- und Mühlenbesitzer aus Wostitz, Bezirk Nikolsburg, eingeladen, der seine Erfahrung über den Zuckerrübenbau schilderte und den Bauern den Wert des Zuckerrübenbaues und die Möglichkeiten der Landwirtschaftsförderung durch genossenschaftlichen Zusammenschluss näherbrachte. Ebenso wurde über die Errichtung einer Zuckerfabrik in Pasching diskutiert. Letztendlich konnte Rinder die Paschinger Bauern zu Anbauflächen von 146 Joch bewegen. Zur Wahrung der Interessen der Rübenbauern wurde ein Verein gegründet, dessen provisorische Leitung für das Jahr 1928 Jakob Rinder für Pasching, Anton Hanreich für St. Florian, Stephan Heindl für Steyr sowie Hans Hosner und Leo Böhm für Linz innehatten. Die erste Ernte 1927 wurde per Zug nach Niederösterreich in die Zuckerfabrik Dürnkrut geliefert. Es wurde eine oberösterreichische Rübenbauern-Genossenschaft gegründet, am 25. September 1929 fand im Hotel Achleitner in Urfahr die erste Vollversammlung statt, zum Obmann wurde Martin Obermayer aus Aistenthal (Hörsching) und zu seinem Stellvertreter Fritz Feitzlmayr aus Pasching gewählt. Da die Errichtung der Zuckerfabrik im Paschinger Gebiet an der Abwasserfrage scheiterte, wurde die Fabrik in Enns errichtet und konnte bereits am 10. Dezember 1929 eröffnet werden. Zu dieser Zeit waren der Anbau und die Ernte der Zuckerrüben mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden. Obwohl in der Zwischenkriegszeit eine hohe Arbeitslosigkeit herrschte, wurden zur Arbeit Gastarbeiter eingesetzt, wie sich das
Salzburger Volksblatt am 18. Mai 1929 unter der Überschrift „Tschechische Landarbeiter, weil wir keine Arbeitslosen haben“ kritisch äußerte: „Am Bahnhof Hörsching trafen zur Bearbeitung der Zuckerrüben und sonstigen Feldfrüchte für die Landwirte der Gemeinden Hörsching, Pasching, Kirchberg-Thening, Oftering und Leonding über 400 tschechoslowakische Landarbeiter ein. Es handelt sich um Arbeiten, die nach kurzer Anleitung jedermann kann. Wir bezahlen an unsere Arbeitslosen Arbeitslosenunterstützung und lassen tschechische Arbeiter kommen. Wirtschaft Horatio!“

 

Zuckerrübenbauerngenossenschaft Hörsching
Um diesem Trend entgegenzuwirken und die Arbeit für die Einheimischen attraktiver zu machen, wurde im April 1932 von der Sektion der Zuckerrübenbauerngenossenschaft Hörsching, die die Gemeinden Hörsching, Pasching, Kirchberg-Thening und Oftering umfasste, für die Arbeitslosen ihrer Gemeindegebiete im Beisein eines Sekretärs des Österreichischen Land- und Forstarbeiterverbandes ein separater Zuckerrübenarbeitsvertrag abgeschlossen. Ebenso wurde vereinbart, dass jeder Arbeiter am Schluss der Rübenarbeit, wenn sie klaglos geleistet wurde, eine Prämie von 5 Schilling pro Joch erhalten solle. Trotz des hohen Arbeitsaufwandes war der Zuckerrübenanbau für die Landwirte sehr lukrativ, als Berechnungsgrundlage für den Rübenpreis diente die Formel: 6 kg Zucker als Gegenwert für 100 kg reine Rübe. Doch 1932 schien sich das Blatt zu wenden, es brach die Blattfleckenkrankheit „Cercospora“ aus. Zur Bekämpfung wurde Wasser in Jauchefässern auf die Felder gebracht, dann wurde Kupfervitriol dazu gemischt und diese „grüne Brühe“ zur Bekämpfung verwendet. „Partieführer“ in Pasching war Josef Mair von Pasching 109, besser bekannt als „Kopatsch-Mair“, der später Platzmeister am Rübenplatz beim Bahnhof Hörsching wurde und sich im Besonderen um diese Probleme annahm. Geholfen haben Arbeitslose, die in den kritischen 30er-Jahren um diese Arbeit froh waren, und auch Slowaken. Beim Kirchmayrgut in Pasching wurde die Küche eingerichtet. Um die Rübenkultur aufrechtzuerhalten, war eine unvorstellbare Handarbeit nötig. Auch befanden sich die noch nicht auf die Rübenabfuhr eingerichteten Straßen im Herbst in einem katastrophalen Zustand. Oft sanken die vollbeladenen Fuhrwerke ein und es mussten weitere Pferde vorgespannt werden. Bald wurden die ersten Case-Traktoren mit Eisenrädern in Pasching eingesetzt, ein bekannter Traktorführer war der „Banglmayr“ vom Zeilmayrgut und auch der „Nikusch“ vom „Heißengut“. Der Rübenanbau entwickelte sich so gut, dass es 1934 zur ersten Festsetzung von Anbaukontingenten kam. Der 2. Weltkrieg hat auch in Oberösterreich zur „Erzeugungsschlacht“ geführt. Es wurden andere Produkte, die wichtiger waren als die Zuckerrübe, in den Vordergrund gestellt: Ein Aufschwung des Ölfruchtanbaus (Raps) setzte ein und neue Sorten wurden eingesetzt (aus Deutschland kam die später so berühmte Weizensorte „Tassilo“). Gleichzeitig begannen die ersten Bindemäher zu laufen, die Traktoren waren da! Ein ungeheurer Umschwung in der Mechanisierung begann. Viele Fremdarbeiter wie Polen, Russen und Franzosen bevölkerten Pasching. Der Rübenanbau aber ging zurück, weil die Erzeugung von Brotgetreide, aber auch von Kartoffeln und Feldgemüse im Vordergrund stand. Der Obmann der Zuckerfabrik Enns war damals Matthias Hauswirt aus St. Florian, sein Stellvertreter war Rudolf Kirchmair aus Pasching, Fritz Feitzlmayr war Vorsitzender des Aufsichtsrates. Nach dem Krieg war es die Zuckerfabrik Enns, die als Einzige 1945/46 ihren Betrieb wieder aufnehmen konnte. Wiederum wurde ein Paschinger Vorsitzender des Aufsichtsrates der Ennser Zuckerfabrik: der Landwirt vom Schreinergut Johann Lehner (*1900
1969). Sein Sohn Hans Lehner (*19261984) wurde 1957 zum Obmann der Oö. Rübenbauerngenossenschaft gewählt und vertrat die Rübenbauern auch auf internationaler Ebene. 1966 wurde er auch Präsident der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich.

 

Heutiger Zuckerrübenanbau
Nach wie vor ist der Zuckerrübenanbau ein wichtiges Standbein der Paschinger Bauern. Für eine enorme Verbesserung der Ernte sorgte die Vision von Helmut Feitzlmayr vom Zeilmayrgut. Im Herbst 1990 lud er die Landwirte aus der Umgebung ins Gasthaus Fischer nach Dörnbach ein, um seine Idee einer Erntegemeinschaft zu präsentieren. Die beteiligten Bauern besaßen damals meist eigene Rübenerntemaschinen, mit der jeder eigenständig die Ernte vollzog. Große logistische Probleme gab es auch am Rübenplatz, wo ein jeder seine Ernte individuell ablieferte. Nachdem 1991 durch Feitzlmayr die „Rübenrodegemeinschaft Hörsching“ gegründet wurde, konnten die insgesamt 47 einreihigen Rübenvollernte-Maschinen der Mitglieder durch zwei große 6-reihige Rübenrodungsmaschinen ersetzt werden. Die komplette Ernte wird seither gemeinsam erledigt.