Staunende Menschen nach dem Großbrand der Solofabrik vom 10. Jänner 1920.
Aufgrund der Feuergefährlichkeit der Fabrik wurde bereits 1889 eine Betriebsfeuerwehr gegründet.
Aufnahme um 1925 sowie die Sprengung von 1979. Heute erinnert lediglich der Straßenname an das Werk. Noch ältere Zündholzfabriken, die jedoch nur händisch fertigten, gab es am Stadtrand von Linz in Kleinmünchen (Winetzhamer und Ignatz Singer) und in Lustenau (Josef Wieser).

Die Zündholzfabrik Solo

Ein Raub der Flammen

 

 

Vor rund 100 Jahren, am 10. Jänner 1920, musste die Linzer Feuerwehr zu einem Brand in die Unionstraße ausrücken: um 3 Uhr in der Früh brach in der „Solo“-Zündwaren- und Wichsefabrik A.G. Feuer aus. Es brannte die Wichsefabrik – durch die großen, leicht brennbaren Vorräte an Schuhcreme, Wagen- und Lederfett konnte das große Gebäude nicht mehr gerettet werden, auch ein weiteres Gebäude fiel den Flammen zum Opfer, die restlichen Gebäude konnten jedoch vor dem Großbrand bewahrt werden. Dies war nicht nur ein schwarzer Tag für das Unternehmen, sondern auch für die Linzer Feuerwehr. Bei den Löscharbeiten geriet eine Mauer ins Wanken und begrub den 22-jährigen Steiger Gottfried Scherb unter sich. Wenig später erlag er seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus.

 

Die Solofabrik produzierte in Linz bereits seit 1887. Die Geschichte des Unternehmens begann jedoch schon im Jahr 1839. Der Gründer war der Handwerker Vojtech Scheinost, er lebte längere Zeit in Wien und kehrte wieder in seine Heimat nach Böhmen zurück. Er beherrschte die Technologie der damals neu entwickelten Zündholzerzeugung und so kam es, dass er gemeinsam mit dem jüdischen Industriellen Bernhard Fürth in Schüttenhofen (tschechisch=Sušice) eine Zündholzfabrik gründete. Im Jahr 1844 begann die Produktion und bald wurde die gesamte Monarchie beliefert. 1882 wurde mit den Söhnen Fürths die Actiengesellschaft Union, vereinigte Zündholz- und Wichsefabriken gegründet, in der vier weitere Fabriken vereint wurden.


Rascher Aufstieg

Neben Schütthofen gehörten nun auch Fabriken in Strakonitz, ebenfalls in Böhmen, im steirischen Stainz und Deutschlandsberg sowie in Linz zur Gesellschaft. In Linz wurde im Stadtteil Waldegg zwischen dem Bahnhof und dem Füchselbach, welcher als Fabrikskanal benutzt wurde, mit 1. Jänner 1887 die Wichsefabrik und mit 1. Juli 1888 die Zündholzfabrik in Betrieb gesetzt. Fünf Jahre später bestand der ganze Fabrikskomplex aus 11 Fabriks- und Magazingebäuden, zwei Beamten- und zwei Arbeiterwohnhäusern, letztere mit 16 Familienwohnungen und 8 Einzelzimmern. Zur Energieversorgung wurden drei Dampfmaschinen mit insgesamt 75 PS betrieben, ebenso waren 94 Hilfsmaschinen im Einsatz und eine Ölgasfabrik für den Eigenverbrauch. 1893 wurden in der Zündholzfabrik 265 Waggons (á 10 t) Stammholz, 150 t Rohmaterialien und Chemikalien und 70 t Papier und Etiketten verbraucht. Im selben Jahr wurden auch 60 Mio. Schachteln Sicherheits- und Prassin-Zündhölzer produziert. Das Absatzgebiet umfasste fast ausschließlich die Österreichisch-Ungarische Monarchie.

 

Wirtschaftlich wachsen

In der Wichsefabrik wurden im selben Jahr 30 Mio. Schachteln an Wichse (veraltete Umgangssprache für wachsartiges Putzmittel, insbesondere für Schuhcreme) produziert. Dafür wurde an Rohmaterialien, Chemikalien und Papier 1.242 Tonnen benötigt. Im Betriebsjahr 1893 verschlangen die drei Dampfmaschinen für die Linzer Unionfabriken ganze 120 Waggons mit Kohle. Die Zündholzfabrik war mit rund 330 Bediensteten einer der größten Arbeitgeber in Linz und für die Stadt von großer Bedeutung. 1895 wurde die Straße, die an der Fabrik vorbeiführte, als Unionstraße benannt.

 

Im Jahr 1903 konnten weitere bedeutende Zündholzfabriken der Monarchie angeschlossen werden und aus der Unionfabrik wurde die „Solo – Zündwaren- und Wichse-Fabriken Actien Gesellschaft“ mit Sitz in Wien. Letztendlich bestand sie aus neun Fabriken. Das Unternehmen florierte – ganz Mitteleuropa sowie Teile Indiens, Chinas und des Osmanischen Reiches wurden mit den verschiedensten Arten von Zündhölzern beliefert. Aber auch die Mitarbeiter aller Solo-Werke profitierten: War die Solo doch unter den ersten Unternehmen der Monarchie, die eine Arbeitsunfallversicherung einführten.


Das Ende der Monarchie

Mit den Folgen des Ersten Weltkrieges und der Auflösung der Habsburger Monarchie wurde eine Umgestaltung des Konzerns notwendig: Es wurden die auf tschechoslowakischem Gebiet gelegenen Fabriken abgetrennt und zu einer eigenen Gesellschaft vereint. Somit gab es in Österreich nur mehr die Fabriken in Deutschlandsberg, Stainz und in Linz, wo auch der Sitz der Gesellschaft war. Aber alle Betriebe blieben unter der Leitung Fürths. Trotzdem konnte sich die Solofabrik in Österreich behaupten. 1923 waren in der Fabrik 156 Männer und 193 Frauen beschäftigt. 1928 musste durch Druck der Konkurrenz die Fabrik in Stainz geschlossen werden. Am 10. Februar 1938 musste auch die Linzer Solofabrik wegen schlechter Auftragslage für zehn Wochen schließen. Im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten gelang es einigen Mitgliedern der Familie Fürth, nach dem Münchener Abkommen am 29. September 1938, vor den Nazis in die USA zu flüchten. Ihre Fabrik wurde arisiert. Ernst Fürth – der Enkelsohn des Firmengründers – blieb in Europa und starb infolge seiner Haft im französischen NS-Sammellager Drancy. Die Solo-Werke wurden in die Deutsche Zündwaren Monopolgesellschaft eingegliedert und kurz darauf als Rüstungsbetriebe klassifiziert. Zur herkömmlichen Produktpalette, zu der mittlerweile auch Fliegenfänger und Kleber für die Lederindustrie zählten, kam auch die Herstellung von Reibflächen für Handgranaten und Zündschnüre dazu, auch Gasmasken wurden zusammengebaut. Neben Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern wurde auch das weibliche Personal des Linzer Theaters großteils zur Arbeit in der „Solo“ verpflichtet. Mit Kriegsende, beim letzten Luftangriff der alliierten Streitkräfte am 25. April 1945 wurde die Solofabrik durch 40 Bomben getroffen. Damals waren dort 220 Menschen beschäftigt, fast die Hälfte jedoch nicht freiwillig. Obwohl das Werk großteils zerstört war, konnte bereits im Juni 1945 die Herstellung von Schuhcreme und Fetten fortgesetzt werden. Die Produktion von Zündhölzern begann erst wieder im Dezember 1946 mit nur noch 120 Mitarbeitern. Mit der Aufhebung des Zündholzmonopols im Jahr 1954 und durch die Liberalisierung des Zündholzmarktes, die zehn Jahre später erfolgte, konnten alle Staaten ihre Produkte nach Österreich liefern. Dieser Konkurrenzkampf wurde durch das Feuerzeug noch verstärkt. Am 22. Dezember 1972 beschlossen die Aktionäre der Solo AG die Liquidation der Gesellschaft. Das Areal der Solofabrik wurde von der damaligen ÖBB für die Erweiterung des Bahnhofs erworben. Am 26. Mai 1979 erfolgte die Sprengung und Abtragung der letzten Fabriksgebäude.