Telegraphie in Linz
Die ersten elektrischen Impulse in Oberösterreich
Bereits fünf Jahre nachdem in den USA die erste Telegrafenleitung durch den Erfinder Samuel Morse in Betrieb ging, gab am 15. Februar 1849 das österreichische Handelsministerium den Auftrag zur Errichtung einer telegrafischen Verbindung von Wien über Linz nach Salzburg; als Anknüpfungspunkt an die bayrisch-württembergischen Linie nach Frankfurt und Frankreich. Die Anlage hatte für die ganze Bevölkerung in Oberösterreich eine große Bedeutung.
Voerst Widerstand
Trotz allen Bemühens sträubten sich manche Grundbesitzer aber, Telegraphenstangen auf ihrem Boden errichten zu lassen. Drahtdiebstähle und boshafte Beschädigungen kamen häufig vor. So sah sich die Regierung veranlasst, diesbezüglich im März 1849 Strafbestimmungen zu erlassen. Da die Bevölkerung diesen Strafbestimmungen trotzte, wandte sich der Statthalter sogar an die Bischöfe von Linz und Salzburg, mit der Bitte, den unterstellten Klerus zur Aufklärung der Bevölkerung heranzuziehen. Im August 1849 wurden als „Telegraphen-Bureau“ drei Zimmer im ersten Stock des Statthaltereigebäudes (Klosterstraße 7) adaptiert. Die Leitung war bis zum Südbahnhof oberirdisch; von dort führte sie dann unterirdisch durch die heutige Museumsstraße, den Graben, die Schmidtorstraße in die Klostergasse und zum Statthaltereigebäude. Um das Kabel nicht zu beschädigen, durfte in diesen Straßen nicht gebaut werden ohne das Amt vorher verständigt zu haben. Die Eröffnung des Amtes erfolgte schließlich am 20. November 1849, täglich offen von 6 bis 22 Uhr. Bereits 1854 wurde rund um die Uhr Dienst geschoben. Die Station wurde vorerst mit einem Telegraph des Leipziger Erfinders Emil Stöhrer ausgestattet. Am 13. September 1851 folgte ein Morse-Apparat. Befördert wurden vorerst nur die Telegramme der staatlichen Behörden und die Wechselkurse, die am nächsten Tag in der Linzer Zeitung verlautbart wurden. Mit 15. Februar 1850 wurde der Telegraph auch der Privatkorrespondenz auf österreichischem Gebiet zugänglich.
Die Achsen des „Bösen“
Bei der Bevölkerung gab es immer noch großes Misstrauen. Gemeinden schrieben an die Direktion und baten die Leitung zu verlegen, weil sie darin, wenn sie an Gebäuden vorbeiführten, eine große Brandgefahr sahen. Die Direktion ließ von einem bewährten Fachmann eine Verlautbarung entwerfen, die zur Beruhigung der Bevölkerung veröffentlicht wurde: eine Telegraphenleitung wirke als Blitzableiter. Doch nicht nur in der einfachen Bevölkerung entstanden absurde Theorien: auch der Erfinder Samuel Morse war Verfasser verschwörungstheoretischer Schriften. In seinem Buch „Conspiracy Against the Liberties of the United States“ behauptete er, der Staatskanzler von Österreich, Metternich, würde Missionare des Jesuitenordens als Agenten in die USA schicken. Diese sollten dort einen Habsburger als Kaiser der Vereinigten Staaten installieren. Die Hauptaufgabe der Haupttelegraphenstation Linz war übrigens die Weiterleitung von Telegrammen; jede weiter entfernte Station (Verona, Mailand, München usw.), die Wien nicht gleich erreichen konnte, sandte ihr Telegramme nach Linz. Von hier aus wurde die Weiterleitung letztendlich veranlasst. Die Überwachung der Leitungen war den Wegmachern zugewiesen und nach der Errichtung der Westbahn im Jahre 1856 kontrollierten die Bahnwächter die Leitungen längs der Schiene. Im Jänner 1858 erhielt das Linzer Telegraphenamt zu jedem Apparat eine Gasbeleuchtung. Was das für die wenigen Telegraphisten bedeutete, die im Jahre 1857 sage und schreibe 26.165 Telegramme verarbeiteten, wird man verstehen, wenn man bedenkt, dass sie ursprünglich bei Kerzenund Petroleumlicht die Reliefzeichen des Morseapparates zu lesen hatten. Bei jeder Lottoziehung in Linz langten nur für das Lottoamt allein 80 bis 120 Telegramme an einem einzigen Tag ein. Durchschnittlich verrichtete jeder Beamte in etwa neun Stunden Dienst.
Linzer auf Draht
Im Jänner 1859 wurde der erste Vertrag zwischen der Staatstelegraphenverwaltung und dem Verwaltungsrat der Kaiserin-Elisabeth- Bahn für den Bau und die Instandhaltung der Eisenbahn-Telegraphenlinien abgeschlossen. Sukzessive wurden von Linz aus weitere Orte erschlossen. Ende 1870 bestanden in der österreichisch-ungarischen Monarchie rund 800 Telegraphenstationen mit einer gesamten Drahtlänge von rund 10.000 km. 1869 übersiedelte das Telegraphenamt ins Haus Fabrikstraße 2. Zu dieser Zeit forschten emsige Erfinder bereits an einer weiteren Entwicklung der elektrischen Kommunikation: dem elektrischen Fernsprechen. Im Jahr 1885 erhielt Ing. Ludwig Philipp Schmidt vom k. k. Handelsministerium die Konzession für die Herstellung eines Telephonnetzes in Linz, Urfahr und nächster Umgebung. Am 1. Oktober 1885 wurde das Telefonnetz eröffnet; die Zentrale befand sich im Haus Hauptplatz Nr. 7. Schon im März 1886 zählte man 100 Telefonanschlüsse. Bald jedoch zeichnete sich dem florierenden Privatunternehmen ein Ende ab, nachdem das k.k. Handelsministerium die Zuständigkeit für das Telefon der k.k. Post- und Telegraphenverwaltung zugeschrieben hatte. Ab 1895 befand sich das gesamte österreichische Telefonnetz im Eigentum der Monarchie. 1898 übersiedelte die Telefonzentrale vom Hauptplatz in das Haus Domgasse Nr. 1, wo sich seit 1879 die Postdirektion und seit 1882 das Telegraphenamt befand.