Platz frei für die Polizei
In Linz gestaltete sich in der 1. Republik die Herbergssuche äußert komplex
Als nach dem 1. Weltkrieg die Verhandlungen mit dem Bund und der Stadt Linz in die Endrunde gingen und sich abzeichnete, dass die städtische Polizei dem Bund übergeben würde, stand Linz immer mehr vor dem Problem, dass ihr Polizeikörper an verschiedenen Standorten wie dem Rathaus, dem Kaplanhof oder in der Steingasse untergebracht war. Insbesondere im Rathaus wusste man, dass für Magistrat und Polizei auf Dauer die Räumlichkeiten nicht ausreichen würden. So wurde bereits 1924 diskutiert, ein neues Rathaus zu errichten und das alte der Polizei zu überlassen. Als 1926 immer intensiver nach einem eigenen Standort für die Polizeidirektion gesucht wurde, gab es erste Vorschläge: in Betracht gezogen wurde anfangs das Linzer Schloss sowie die Fabrikskaserne. Danach wurde auch die Idee geboren, ein neues Rathaus am Hessenplatz anstelle der Volksfesthalle zu errichten oder dafür auch die Fläche der ehemaligen Trainkaserngründe an der Landstraße bzw. beim Schillerplatz zu nutzen, um dann im alten Rathaus die Polizei unterzubringen.
Einfallsreiches Linz
Schließlich fasste der damalige Bürgermeister Josef Dametz die Hessenplatzlösung näher ins Auge und empfahl den Gesellschaftern des Kolosseums, sich einen neuen Platz zu suchen. Das Kolosseumkino, das vom Varietébetreiber Karl Roithner gegründet wurde, hatte sich bereits 1908 in der Volksfesthalle am Hessenplatz, am heutigen Standort der Wirtschaftskammer, etabliert und wurde 1914 von einer Kommanditgesellschaft mit dem Vorsitz von Richard Kutschera übernommen. Die Gesellschaft hatte den Pachtvertrag noch bis 1932, wollte sich allerdings nicht mit der Gemeinde anlegen und suchte daher nach einem neuen Standort. Zur gleichen Zeit wurde vom Konvent der Karmeliten an der Ecke Landstraße-Mozartstraße ein neuer Häuserkomplex mit Geschäften und einer Apotheke errichtet. Gegenüber hatten die Karmeliten noch 4.000 m2 frei und die Kolosseum-Kommanditgesellschaft hatte angesichts der geänderten Verhältnisse nun die Idee, dort ihr neues Kino zu errichten. Da sich die Wirtschaft durch die Einführung des Schillings langsam erholte, entschloss man sich, nicht nur ein neues Kino, sondern auch ein für Linz einzigartiges Hotel zu errichten. So entstand das vom Architekten Hans Feichtlbauer geplante 5-stöckige Grand Hotel de l‘Europe mit 120 Zimmern bzw. 160 Betten, alle modernst eingerichtet. Zudem gab es eine Liftanlage und einen dazugehörigen Zipfer-Bierkeller. Im Haus befanden sich auch eine Zweigstelle des österreichischen Verkehrsbüros, ein Frisiersalon, Ärzte, ein Zahnatelier sowie Geschäftslokale aller Art. Das Hotel, welches damals in Linz das größte war, wurde am 3. Juli 1928 mit einer großen Feier in Beisein von Landeshauptmann Josef Schlegl und dem Linzer Bürgermeister Robert Mehr eröffnet. Das Kino- und Varietétheater Kolosseum öffnete am 3. Oktober 1928. Es hatte Raum für 1.200 Personen. Mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 konnte das Hotel aber nicht mehr ausgelastet werden.
Stadt kauft Hotelkomplex
So musste die Kolosseum-Kommanditgesellschaft für die gesamte Anlage einen Käufer suchen. Im April 1935 erwarb die Stadt Linz das Hotel um 1.087.580 Schillinge. In dem Betrag war auch die Ablöse für das noch verbliebende Kino inkludiert und die Stadt war lediglich verpflichtet, im Tauschweg ein angemessenes Grundstück für den Bau eines neuen Kinos zur Verfügung zu stellen. Ein Plan bestand darin, das Kino erneut zum Hessenplatz zu verlegen, doch man befürchtete, dass durch eine solche Teilverbauung das Stadtbild beeinträchtigt würde. Den optimalen Platz fand man letztendlich am Schillerplatz, welcher aber der Handelskammer gehörte. Diese war bereit, mit der Stadt Linz den Grund im gleichen Ausmaß am Hessenplatz zu tauschen.
Immobilienrochaden
Nach dem Vertragsabschluss im Dezember 1935 begann der Kinobau. Der alte Kinosaal bei der damaligen Polizeidirektion in der Mozartstraße musste hingegen mit September 1936 geräumt sein. Bereits am 8. Oktober 1936 eröffnete das neu erbaute Kino „Kolosseum“ dann am Schillerplatz. Der ehemalige Kinosaal hingegen wurde horizontal unterteilt, der untere Teil für Garagen verwendet, im oberen entstand das Meldeamt. Auch ein Gefangenenhaus wurde dort untergebracht. Innen befand sich der Spazierhof für die Gefangenen und in den ebenerdigen Räumen wurde der Hauptposten der Sicherheitswache einquartiert, während in die Räumlichkeiten des ehemaligen Verkehrsbüros der Journaldienst einzog. Der Zipfer-Keller wurde im ursprünglichen Stil übernommen und diente als Polizeilokal. Letztendlich gelang es, die Polizei unter einem Dach unterzubringen.
Zahlreiche prominente Gäste
Am 20. Jänner 1936 fand die Einweihung statt. Viel Prominenz nahm teil und auch aus Wien kamen Ehrengäste, darunter der Bundesminister für Sicherheit, Eduard Baar-Baarenfels. Er wurde u.a. von Graf Peter Revetera, dem Sicherheitsdirektor Oberösterreichs und seinem Stellvertreter sowie vom Linzer Polizeidirektor Viktor Bentz begrüßt. Die Festmesse fand in der Familienkirche unter Bischof Johannes Maria Gföllner, im Beisein der Polizei-Musikkapelle statt. Im Presbyterium hatten Ehrengäste wie Bürgermeister Wilhelm Bock und Vertreter aller übrigen Ämter und Behörden Platz genommen. Nach der Defilierung der ausgerückten Polizeiformation am Hessenplatz begann die eigentliche Eröffnung der neuen Bundespolizeidirektion in der Mozartstraße. Das Passamt, geschmückt mit rotweißroten Pflanzen und einer Büste des Diktators Dollfuß, diente dazu als Festraum.