Eine Ansicht der Gießerei auf einem Aquarell von Ferdinand Weeser-Krell.
Hier wird noch Hand an die Glocken gelegt (1962).
Die Arbeiter posieren stolz vor der neu gegossenen Pummerin (1952).
Der Stangenwagen für den Transport der Glocke aus St. Florian befindet sich heute im Sumerauerhof

Die oö. Glockengießerei in St. Florian

 


Im Prinzip auf die gleiche Art wie heute wurden bereits Glocken gegossen, als das Glockengießen noch quasi ein „Störgewerbe“ war und die Handwerker an Ort und Stelle vor der jeweiligen Kirche die bestellten Glocken gossen. Hierzulande geschah dies bereits zur Zeit der Erbauung der ersten Kirchen. Feste Werkstätten aber kennen die Heimatforscher erst von der Mitte des 15. Jahrhunderts an. Übrigens gibt es seit jeher eine enge Beziehung zwischen Kanonen und Glocken, denn viele dieser Handwerker gossen beides und nannten sich Stuck- und Glockengießer. Diese Beziehung zwischen Glocken und Kanonen hielt sich bis zum 2. Weltkrieg, in dem viele Glocken den Weg in die Rüstungsfabriken fanden.

 

Seit Columbus
In dem Gewerbe der Glockengießer steht in unserem Bundesland historisch wohl Braunau voran. Von 1452 an ist dort eine Glockengießerei nachweisbar, die seit 1781 der Ahnherr der Familie Gugg führte, der Glockenmeistersohn Carl Anton Gugg aus Salzburg. 1891 erwarb sein Enkel Rupert Gugg die Linzer Eisengießerei und Metallfabrik in der Bürgerstraße 32, wo in Folge eine Glockengießerwerkstatt eingerichtet wurde. Ebenso spezialisierte sich das Unternehmen auf Feuerlöschgeräte. Ab 1895 war sein Sohn Anton Gugg Alleininhaber der Firma und goss in den folgenden Jahren etwa 300 Glocken für weltweite Auftraggeber, ebenso 1901 das Geläut für den Linzer Mariä-Empfängnis-Dom. Nachdem der Absatz zurückging, gestaltete er die Glockengießerei 1907 in eine Metallwarenfabrik um.

 

Zum Ausklang des Krieges
In Folge des Ersten Weltkrieges benötigte die Rüstungsindustrie alle verfügbaren Metalle und so auch die meisten Glocken des Landes. Hinterlassen wurde nur mehr ein bescheidener Rest des Geläuts. Vor diesem Hintergrund und in der Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende gründeten die Diözese Linz und mehrere Klöster sowie der Dombaumeister Matthäus Schlager und der Metallwarenfabrikant Anton Gugg am 
17. Februar 1917 die Oberösterreichische Glockengießerei in St. Florian.

 

Und wieder ist Krieg
Die feierliche Grundsteinlegung geschah bereits am 
21. Oktober 1918. Den Plan für das Gebäude erstellte der Dombaumeister Schlager und die Errichtung erfolgte durch die Florianer Baufirma Kaun. Der erste Direktor der Glockengießerei wurde Anton Gugg. Am 27. November 1919 wurden in St. Florian die ersten fünf Glocken gegossen, darunter auch eine für die Pöstlingbergkirche. Am 4. Februar 1920 wurde der Gussmeister Johann Dettenrieder Direktor über rund 40 Mitarbeiter.

 

In der NS-Zeit erfolgte dann die Enteignung. Zum 25jährigen Bestehen im Jahre 1942 wurden bereits 1.568 Glocken gegossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der Glockenguss wieder aufgenommen werden, anfangs unter Dettenrieders Leitung, 1947 folgte ihm Dipl. Ing. Karl Geisz. Das Geschäft florierte, da die vielen Glocken die im Krieg der Rüstungsindustrie zum Opfer fielen, von den Kirchen wieder angeschafft wurden. So wurden gleich nach dem Krieg z.B. die Glocken für die Stifte Admont und Kremsmünster gegossen.

 

Der spektakulärste Auftrag war aber sicherlich die Pummerin für den Wiener Stephansdom im Jahr 1951. Mit 20.130 kg Gewicht und 314 cm Durchmesser ist sie das bei weitem berühmteste und auch größte Werk der Gießerei. Damals besaß diese drei Flammöfen für 29 Tonnen Metall und beschäftigte 120 Arbeiter. Die gebräuchlichste Legierung für die Glocken bestand aus 80 Prozent Kupfer und 20 Prozent Zinn und stammte aus Indonesien. Nachdem die Bestellungen stagnierten, spezialisierte man sich auf andere Gußteile wie zum Beispiel Weihwassergefäße oder Skulpturen. Einen besonderen Aufrag erhielt die Gießerei im Frühjahr 1967. Der iranische Schah Reza Pahlavi ließ sich in Wien für seine Krönungszeremonie einen Galawagen nach dem Vorbild von Kaiser Franz Josef bauen. Die aufwändigen Gürtelarbeiten wurden in St. Florian gegossen.

 

1973 wurde der Glockenguss eingestellt und nur mehr die Metallwarenfabrik weiter betrieben. Am 12. Oktober 1994 musste jedoch der Konkurs eingeleitet werden. Seit 1999 wird das Gelände der ehemaligen Gießerei vom Technologie- und Innovationszentrum St. Florian
genutzt.